Weder Atom noch Gendarmen !

06a15, rue Louis Lejeune in Montrouge. Ist, seit Januar, die neue Adresse der Autorité de Sûreté Nucléaire – des Amtes für nukleare Sicherheit. Dieser Organismus, „Gendarm des Nuklearen“ genannt, ist zur Überwachung der Einhaltung der Sicherheitsregeln (die von der ASN selbst bestimmt wurden) der Einrichtungen zuständig, die radioaktive Substanzen einsetzen oder transportieren (auch für Vorrichtungen, die ionisierende Strahlen ohne Kernspaltung produzieren, wie Röntgenapparate oder in der Strahlentherapie). Es geht um Atomkraftwerke, Depots für Atommüll und auch um weniger bekannte radioaktive Quellen wie etwa Forschungsanlagen und gewisse Anlagen in den nicht atomaren Industrien (wie zur Sterilisation gewisser Produkte oder Werkzeuge usw.), Radiologielabors und andere medizinische Apparate (sie nennen das „Kontaktbereich-Nukleares“ in Anlehnung an den Begriff „Kontaktbereichsbeamte“ also „Nähe zu den Leuten“, allen Ernstes!). Kurz, von den Zahnarztapparaturen bis zu den Atomraketen der Armee.

Ausser jene der Kontrolle, hat die ASN auch die Mission der Information. Bzw. besteht die Arbeit dieser vom Staat bezahlten ExpertInnen darin, uns zu sagen, dass alles schon gut ist und die Desaster nur bei den anderen vorkommen. Dass der uns allen tropfenweise alltäglich von der Nukleartechnologie verabreichte Tod ganz und gar akzeptabel ist. Alles ist schon gut und alles wird schon gut gehen, selbst im Fall eines grösseren Desasters wie bei der Kernschmelze eines Reaktors (z.B. Fukushima, Tschernobyl, Three Miles Island…) oder einer grossen Entweichung radioaktiver Elemente. Eine wie es bei JT geschieht, denn „kleine“ hat es jeden Tag in allen Kraftwerken, Sammellagern usw.. Und da es kein „Nullrisiko“ gibt, ist das Ziel nicht die Verhinderung von Unglücksfällen, sondern dass man lerne damit zu leben. Mit der alltäglichen nuklearen Verseuchung oder mit einem Leben in verseuchten Gebieten „á la Tschernobyl“ … Klar doch, «die Verwaltung von Situationen radiologischer Notfälle» gehört ebenfalls der ASN. Und wenn wir daran denken, dass die «Verwaltung» des Unglücks von Fukushima unter anderem die Evakuation, manu militari, von 180’000 Menschen bedeutete, die in einem Radius von 20 km um das Kraftwerk herum lebten…

Aber da wir in einer Demokratie sind und von den Erleuchtendsten (mit all der Elektrizität atomaren Ursprungs, die wir haben!), denkt die ASN schon daran die BürgerInnen immer besser zu informieren. Um uns besser zu ködern hat die ASN gegen Mitte Juni ein nagelneues Informationszentrum im Erdgeschoss ihres Sitzes eröffnet. Sie stellen dort einen Haufen Bücher und Zeitschriften aus und empfangen gerne ganze SchülerInnengruppen. Man weiss sehr wohl, wozu ihre Propaganda dient: uns die Pille der Notwendigkeit des Nuklearen, um diese Welt in Gang zu halten – gefahrlos, sicher doch! -, schlucken zu lassen. Aber wir wollen gerade dieser Welt und allen ihren todbringenden Technologien ein Ende bereiten. Wieso sie nicht informieren gehen, was wir über das Nukleare (und die dazugehörige Gesellschaft), seine Gefahren, Kontrolleure und Gendarmen und ihre Lügen denken?

 Aus Lucioles, Bulletin anarchiste de Paris et sa region (Glühwürmchen, anarchistisches Bulletin von Paris und Umgebung), Sept. 2013, N.11

Üb. mc, Knast Bostadel, CH-Menzingen aus franz.

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